82. Bericht Januar / Februar / März 2017

Das alte Jahr kann gehen, das Neue Jahr lässt sich sehen!

In der Marina wurde im Gemeinschaftsraum eine kleine Neujahresfeier veranstaltet. Jeder bringt etwas zu Essen mit fürs Büfett, eine Musikanlage wird installiert und es darf getanzt und Karaoke gesungen werden. Wir verbringen den Abend zusammen mit Esther und Giancarlo und harren aus bis es Mitternacht wird. Die Musik war für unseren Geschmack etwas zu laut, doch das ist immer Ansichtssache. Um 24:00 wird angestossen und geküsst und wir wünschen uns gegenseitig eine gutes neues Jahr und eine tolle Segelsaison. Am erste Januar unternehmen wir zusammen mit Esther und Giancarlo einen schönen Spaziergang mit guten Gespächen bei strahlendem Sonnenschein, mit anschliessendem Aperitivo an der Sonne. So kann das Jahr gerne weitergehen.

Winterzeit, Arbeitszeit

Doch der erste Rückschlag steht zwei Tage später schon vor der Koje. Ursula hat eine hartnäckige Grippe mit Fieber und einem quälenden Husten erwischt. Haben wir vielleicht zum Neujahr die falschen Leute geküsst. Sie liegt mehr oder weniger schlapp für eine Woche im Bett. Anschliessend hat es natürlich auch Wolfgang erwischt, doch er ist schneller wieder fit. Das Wetter hat sich eben falls abrupt geändert der Thermometer fällt auf 0 Grad in den Nächten, manchmal schon fast darunter. Die Sonne ist eher seltener Gast und es regnet viel. In Ragusa, das 400 Meter höher liegt schneit es sogar, die Kinder haben ein paar Tage Schulfrei, es herrscht der Ausnahmezustand. Ein paar heftige, kalte Stürme fegen über Marina di Ragusa und es ist schön in einer sicheren Marina festgemacht zu sein. Alle Yachtis verkriechen sich, viele haben Mühe nur mit den elektrischen Heizöfen ihre Boote warm zu halten und Schwitzwasser ist für viele ein grosses Problem. Wir hingegen können endlich mal wieder unseren Reflex Ölofen heizen lassen, der uns wohlige, trockene Wärme schenkt. Es fällt auf, dass wir in diesen besonders kalten Tagen viele Besucher haben, die einfach nicht mehr auf ihre eigenen Boote gehen wollen.

Trotz Schlechtwetterphasen machen wir uns hinter unsere geplanten Arbeitsprojekte. Das ist auch gut so, denn Wolfgang hat eine ganz besondere Herausforderung angenommen. Für einen Katamaran der Marke Lagoon sollte er eine verschiebbare Tischplatte bauen, in der Zeit in der die Eigner in der Schweiz sind. Der Grund dafür, der Tisch im Cockpit muss jedes Mal abmontiert werden, damit man die Sitzbank Backskiste öffnen kann. (Französisches Design!!!)

Es gibt immer mehr Bootsbesitzer welche zwar das Geld für ein Boot haben, jedoch nicht unbedingt handwerklich geschickt sind. So ist Wolfgang als Allrounder, Entwickler, Erfinder, Techniker bei manchen Bootsbesitzern sehr beliebt und gefragt. Deshalb wurden zusammen mit ihm noch viele weitere grössere und kleinere Arbeiten auf verschiedenen Booten durchgeführt und verwirklicht. Ursula konnte günstig Material für ein neues Cockpitverdeck bestellen zusammen mit anderen Seglerinnen. Dazu hat sie die Möglichkeit eine Segelnähmaschine zu benützen, wenn es darum geht besonders dickes Material zusammen zu nähen. Somit wird eine neue Schablone angefertigt und zugeschnitten auf dem Steg, sobald der Winterwind mal einen Tag Pause macht. Danach folgt viel Anpassungsarbeit und zum Schluss darf die Nähmaschine mal wieder für Stunden rattern. Sitzt Ursula nicht beim Nähen, so ist sie als Fugenprofi für Sikaflex und alles was es sonst noch zum Abdichten gibt schon Marina bekannt. Undichte Plexiglasfenster sind ebenfalls ein gängiges Thema bei vielen Yachtbesitzern.

Nach diesen Knochenjobs schauen wir uns abends im gemütlichen Stübli einen Film an oder lesen ein Buch und fallen anschliessend hundemüde ins Bett, wir werden auch nicht jünger…

Zur Abwechslung laden wir Freunde zum Nachtessen ein oder wir werden eingeladen. Zu feiern gibt es immer etwas, mal gemeinsames Pizzaessen, dann wieder Geburtstag feiern, dazu zuerst Kuchen backen usw.

Einmal in der Woche gehen wir zu Serena in den Italienisch Unterricht, was uns gut tut und Spass macht. Jeweils am Morgen beim Frühstück wird geübt. Serena kommt ursprünglich aus Norditalien und spricht ein sehr gutes deutliches Italienisch, ausserdem spricht sie perfekt Englisch, um uns auch dies und das erklären zu können. Wir machen nicht schlecht Fortschritt, obwohl wir feststellen müssen, dass Italienisch die Sprache der Ausnahmen ist. Wenn du meinst du hast etwas kapiert, dann gibt es dazu bestimmt wieder eine Ausnahme.

Nasse Wanderung zu den Cave d’Ispica

Mitte Januar schliessen wir uns dem Italienischen Alpenclub von Sizilien an, welche jeweils am Sonntag eine mehr oder weniger anstrengende, geführte Wanderung anbieten. Leider muss man sich mindestens eine Woche vorher anmelden und somit ist es bei dieser Jahreszeit schwierig vorauszusagen wie das Wetter sein wird. Trotzdem haben wir uns am 15. Januar angemeldet zusammen mit Esther und Giancarlo, die uns mit ihrem Auto bis zum Startpunkt mitgenommen haben.

Leider fand diese Wanderung zu den Cave d’Ispica in der Nähe von Modica an einem äusserst trüben, nassen und kalten Tag statt. Bei strömendem Regen gut eingepackt in Regenklamotten zogen wir in einer Gruppe von 15 Personen los und folgten unseren Wanderführern über Stock und Stein. Die Cava d’Ispica oder kurz Cava ist eine 13 km lange, tiefe Schlucht aus Kalkstein in der Nähe des Ortes Ispica. Wir starten unsere Wanderung auf dem Hochplateau und erfahren von unseren Wanderführer sehr viel über diese interessante Naturlandschaft. Die grosse Schlucht ist nicht durch einen Flusslauf entstanden sondern durch die Verschiebungen von gigantischen Steinplatten bei verschiedenen Erdbeben. Wir steigen langsam und vorsichtig hinunter in die Schlucht auf dem nassen, rutschigen Geröllweg. Für den Abstieg brauchen wir gut eine Stunde in diesen widrigen Wetterverhältnissen, unten angekommen haben wir ca. 90 Höhenmeter hinter uns gebracht. Dann marschieren wir, auf recht guten Pfaden, eine ganze Weile der Talsohle entlang, bis wir endlich vor einer grandiosen Kalkfelswandkulisse stehen, welche mit zahlreichen Höhlen gelöchert ist. Zum Teil stammen diese Höhlenbauten noch aus der Steinzeit, sie wurden als Wohnungen aber auch als Grabmäler genutzt, je nach Epoche.

Der Weg führt uns langsam wieder hoch Richtung Hochplateau und wir können uns einzelne Höhlenwohnungen aus der Nähe ansehen. In der Zwischenzeit hat es sogar aufgehört zu regnen und unsere Regenkleidung kann etwas abtrocken. Nach der interessanten Besichtigung verschiedener Höhlenräume wandern wir weiter und werden zu einem Refugio geführt, wo für uns alle ein wunderbares Mittagessen aufgetischt wird. Der Tisch ist reichgedeckt mit Käse, Salami, frischem Brot, sizilianische Focaccia, Oliven, Wein und anderen Leckereien, alles frisch aus der Region. Das essen tut gut, doch das Herumstehen draussen kühlt uns schnell ab und wir sind froh als wir bald weiter gehen können.

Oben auf dem Hochplateau angekommen fängt es wieder an zu Regnen und dieser geht schon fast in Schnee und Graupel über bis wir dann triefend wieder bei den Autos angekommen sind. Gemeinsam halten wir noch in einem Kaffee an, um uns dort mit einem heissen Tee aufzuwärmen und uns voneinander zu verabschieden. Danach wollen wir alle nur noch auf dem schnellsten Weg zurück in die Marina aufs Boot, in die warme Stube. Trotzdem war es ein interessanter, unvergesslicher Winterausflug auf Sizilien.

Ciro Siziliana im Februar

Marsala – Trapani – Erice – Castellammare del Golfo

Mitte Februar unternahmen wir eine 7 tägige Sizilien Rundfahrt per Mietauto. Die Reise ging zuerst Richtung Westen nach Marsala. Dort konnten wir das Schöne mit dem Nützlichen verbinden. Wir mussten die Membrane unserer Entsalzungsanlage ersetzen, weshalb wir die Firma Tecnicomar in Marsala aufsuchten. Die Membrane wurde uns von Tecnicomar direkt und kostenfrei nach Marina die Ragusa gesendet. Die Besichtigung von Marsala konnten wir mit einem feinen Mittagessen in einem alten Weinkeller verbinden. Übernachtet haben wir etwas ausserhalb von Marsala in einer einfachen Unterkunft, welche Ursula im Internet zuvor gebucht hat, so wie auch alle anderen Unterkünfte auf unserer Sizilien Reise.

Am nächsten Tag geht unsere Fahrt Richtung Trapani, zu den Salzseen mit den alten Windmühlen. Bereits in den 1950er Jahren wurde die Meersalzgewinnung eingestellt. Dafür ist diese Landschaft der ideale Rastplatz für viele europäische Zugvögel, bevor sie über die Strasse von Sizilien ihren Weiterflug nach Afrika antreten. Insgesamt hat man hier 170 Vogelarten gezählt, wir konnten Flamingos bei der Futtersuche beobachten.

Die verkehrsreiche Stadt Trapani lassen wir links liegen, dafür nutzen wir die Zeit um das hochgelegene alte Dorf Erice zu besuchen. Eine steile Bergstrasse führt uns von Meereshöhe auf 751 m hinauf und die Aussicht auf Trapani, die Küste und das Landesinnere wird immer spektakulärer. Zuoberst angekommen stecken wir zuerst in kalten Wolken und die Sonne braucht eine Weile um sich durch zu setzen. Wir unternehmen einen Spaziergang durch die alten Steingassen von Erice, welches noch heute von einer stattlichen Stadtmauer umgeben ist. In der Stadt ist um diese Jahreszeit nicht viel los, alle Restaurants und Geschäfte sind geschlossen. Die wenigen Einwohner die hier noch leben verdienen ihr Einkommen vor allem im Sommer mit dem Tourismus.

Unsere Fahrt geht weiter über Land Richtung Norden zu dem kleinen Küsten Ort, Castellammare del Golfo, wo wir in einem kleinen Hotel übernachten. Der Abendspaziergang führt uns durch den hübschen Ort hinab zum Hafen der in der Antike von Erice und Segesta genutzt wurde. Die Araber bauten später das grosse Kastell mit trapezförmigem Grundriss am Hafen.

Monreale – Palermo

Ausgeruht und gestärkt mit feinen Leckereien vom Frühstücksbüfett, was man in Italienischen Unterkünften eher selten antrifft, geht es um 9 Uhr weiter. Wir fahren erneut etwas landeinwärts durch eine schöne abwechslungsreiche Landschaft über Hügel und durch Täler bis wir in Monreale ankommen. Dort ist die berühmte Kathedrale Santa Maria Nuova mit Kreuzgang zu besichtigen, welche 2015 von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt wurde. Die dreischiffige Kathedrale mit ihren Ausmassen von 102 Meter Länge, 40 Meter Breite und 35 Meter Höhe, ist die grösste Kirche Siziliens. Der Normannenkönig Wilhelm II. liess sie ab 1147 in wenigen Jahren erbauen. Die byzantinischen Mosaikarbeiten in der ganzen Anlage sind etwas vom feinsten was wir bis anhin gesehen haben. Im Kreuzgang hielten wir uns lange auf, die schöne Anlage, gekrönt mit dem traumhaften Wetter, verleitete uns unzählige Fotos zu machen. Von den insgesamt 218 Säulen ist jede zweite Säule mit Mosaiken geschmückt. Betritt man dann die Kathedrale so bleibt einem erneut der Atem weg. Es gibt wohl kein einziges Stück Mauer im Innern, welches nicht mit Mosaiken dekoriert ist. Die Holzdecke mit den vergoldeten Mustern und Ornamenten vervollständigt das Gesamtbild. Am besten setzt man sich für eine Weile hin und lässt die überwältigende Pracht von mehr als 6000 m² Goldmosaiken auf sich wirken, welche in nur vier Jahren erschaffen wurden.

Nach so viel Gold mussten wir erstmal einen Cappuccino auf der sonnendurchfluteten Piazza Monreale zu uns nehmen. Dort beobachteten wir das ganz normale Alltagsleben der Einheimischen, es gibt immer etwas zu entdecken. Die Frau, die mit Korblift ihre Tageszeitung bekommt. Schöne Ecken und antike Ausstellungsstücke die unsere Blicke anziehen. Es tut gut anschliessend nochmal ein Stück durch schöne Landschaft zu fahren, bevor wir uns noch am selben Nachmittag in das Getümmel von Palermo wagen.

Als erstes suchen wir die Strasse, in welcher wir unsere B&B Unterkunft für eine Nacht gebucht haben. Nach ein paar extra Runden und kleineren Irrfahrten durch die Gassen von Palermo fanden wir einen passenden Parkplatz in der Nähe unserer Unterkunft. Die Vermieterin führte uns zuoberst ins Dachzimmer, wo wir einen guten Ausblick über die Dächer von Palermo hatten.

Nach einer kurzen Ruhepause, bestückt mit Stadtkarte und Touristenführer ging es zu Fuss los zu den Sehenswürdigkeiten von Palermo. Auf unserem Weg zum Dom, kommen wir vorbei am Quatro Canti dem Platz der Altstadt. Die Barockpaläste an den vier Ecken sind geschmückt mit Brunnen und Statuen, die die vier Jahreszeiten, die spanischen Könige von Palermo und die Schutzheiligen der alten Stadtviertel darstellen. Die Fontana Pretoria ist ein beeindruckender Brunnen, welcher vor dem Rathaus steht. Er besteht aus 644 Einzelteilen, hat einen Umfang von 133 Meter und eine Höhe von 12 Meter. An den Becken und auf den Geländern stehen und liegen Statuen von Flussgöttern und Nymphen, alle sind überwiegend nackt dargestellt. Diese Tatsache stösst auch noch heute bei Kirchenoberhäuptern, aber auch bei der streng katholischen Bevölkerung auf Empörung und Ablehnung. Deshalb wird der Platz auf dem sich der Brunnen befindet auch, Piazza della Vergogna genannt, was übersetzt Platz der Schande heisst.

Ein Stück Pizza über die Gasse stärkt uns für noch mehr Sehenswürdigkeiten. Wir lassen uns durch die Strassen treiben, besichtigen viele grosse Plätze, kommen vorbei an Gartenanlagen, Palästen und unzähligen Kirchen. Bevor es dunkel wird wollen wir uns auch noch den Hafen ansehen, was jedoch nicht wirklich sehenswert ist. Wir sind froh, liegt unsere Prüveda nicht in dieser stinkig, öligen Kloake. Mit einem Nachtessen in einem kleinen Restaurant runden wir unseren Palermo Besuch ab.

Cefalu – Pollina – Castelbuono – Enna

Um 9 Uhr verlassen wir Palermo am nächsten Tag und lassen die laute Stadt und das Verkehrschaos gerne hinter uns. Es geht wieder ins Hinterland, unser Ziel ist Castellbuono, ein kleiner Ort in den Bergen mit einem mächtigen Kastell, wie der Name es schon sagt. Ein Bekannter von uns kommt von hier und deshalb wollen wir diesen Ort besuchen. Viel ist nicht los um diese Jahreszeit. Wir besichtigen das klotzige Kastell nur von aussen, das genügt uns. Dafür schlendern wir ein weinig durch die meist leeren Gassen des alten Städtchens. Wir stärken uns mit einer Platte Antipasto aus Regionalen Produkten und das schmeckt sehr gut.

In dieser Umgebung werden ausgiebige Trekking- und Wandertouren angeboten, welche über recht gute Wanderwege und durch wildromantische Landschaften führen. Etwas weiter in der Ferne auf einem Hügel liegt ein weiteres Bergdorf Pollina auf einer Höhe von 900 m. Die einfachen Steinhäuser kleben regelrecht zuoberst auf dem Felsspitz, das wollen wir uns aus der Nähe ansehen. Oben angelangt spazieren wir erneut durch ein fast ausgestorbenes Dorf. Auf der einen Seite werden wir mit einer genialen Aussicht auf die Küste belohnt, auf der Rückseite, Landeinwärts entdecken wir ein Amphitheater. Dort sitzen einige Dorfbewohner auf den Rängen und geniessen ein Sonnenbad mit Aussicht, zwischen windgeschützten Steinen. Wir passen uns an und machen ebenso eine Rast an der Sonne. Das Amphitheater wurde restauriert und in den Sommermonaten finden hier regelmassig Aufführungen statt.

Es ist bereits Nachmittag so fahren wir nach Cefalu, das wir gerne noch bei Tageslicht besichtigen wollen. Doch zuerst müssen wir noch unsere Unterkunft finden. Dieses Mal ist dies nicht ganz einfach, da die Besitzerin gar nicht zu Hause ist. Doch wir haben Glück, eine Familie die ebenfalls ein Zimmer gebucht hat, öffnet uns die Türe. Wir telefonieren dann mit der Besitzerin sie erklärt uns wo der Schlüssel für unser Zimmer hinterlegt ist und so kommen wir doch noch zu einem Bett für die kommende Nacht. Ein Rundgang durch Cefalu mit der obligatorischen Besichtigung des berühmten Dom San Salvatore rundet unseren Tagesausflug ab. Im Innern des Doms werden wir erneut von Goldmosaik-Bildern überflutet. Die Herrscher von Cefalu und Monreale standen in einem harten Konkurrenzkampf und haben ihre Machtkämpfe in Form von Architektur und Kunstwerken ausgelebt. Grösser, Schöner am Mächtigsten war wohl die Devise. Auf jeden Fall besser als solche Machtspiele mittels Krieg auszutragen, so hat wenigstens die Nachwelt auch noch etwas davon.

Am nächsten Morgen nachdem wir unser Frühstück in der Gemeinschaftsküche selbst zubereitet haben, packen wir unsere Sachen, hinterlegen den Schlüssel und verlassen die Unterkunft ohne dass wir unsere Vermieterin je gesehen haben.

Enna– Caltagirone – Donnafugata

Die Rückfahrt Richtung Süden führt uns über das gebirgige Inland. Wir staunen immer mal wieder über den enorm aufwendigen Strassen- und Brückenbau in Sizilien. Im Hinterland sind die hohen Berggipfel noch mit Schnee bedeckt. Wir fahren vorbei an Korkwäldern, in Sizilien scheint der Anbau der Korkeiche ein wichtiger Wirtschaftszweig zu sein. Kork ist ein natürlich, nachwachsender Rohstoff der sehr vielseitig verwendbar ist und der wieder an Beliebtheit zunimmt.

Je höher wir in die Berge kommen, umso mehr verschlechtert sich das Wetter. Zum Teil stecken wir im dicken Nebel und können kaum noch die Strasse erkennen. Wir machen Zwischenhalt in Enna. Die historische Stadt liegt auf 990 m.ü.M und wird auch als „Belvedere Siziliens“ bezeichnet, sie liegt auf einer Bergkuppe im grünen fruchtbaren Hinterland, zentral in Sizilien. Deshalb hat man von hier aus einen enorme Weitsicht, aber eben nur bei klarem Wetter. Dies war uns bei unserem Zwischenstopp hier nicht vergönnt. Unser letzter Übernachtungstop war die bekannte Keramik Stadt Caltagirone, die Ursula unbedingt noch besichtigen wollte. Beim letzten Tageslicht unternahmen wir einen Stadt Rundgang, obwohl ein eisigkalter Wind durch die Gassen blies. Caltagirone ist eine der spätbarocken Städte des Val di Noto, die zum UNESCO-Welterbe ernannt wurde. Ab dem 15. Jahrhundert entwickelte sich Caltagirone zur Stadt der Töpferkunst. Zu dieser Zeit wohnten hier etwa 20‘000 Menschen und etwa 1000 übten damals den Beruf des Keramikers aus. Bis heute gilt Caltagirone als die „Keramikhauptstadt“ Siziliens. Es gibt noch immer mehr als 100 verschiedene Werkstätten einige von ihnen fertigen Geschirr und Fliesen nach alten Technologien, die sich im Laufe der letzten 500 Jahre nicht geändert haben. Jahrhundertealte Traditionen der Keramikproduktion von Caltagirone sind in der wunderschönen Sammlung des städtischen Museums der Keramik zu sehen, dass im Jahre 1965 gegründet worden ist. Leider war das Museum wegen ZU geschlossen. Wenn man jedoch durch die unzähligen Schaufenster späht oder auch mal einen Laden betritt, ist dies beinahe noch spannender als ein Museum Besuch.

Im hinteren Teil wo meistens die Werkstätten sind, kann man manchmal zuschauen wie die Keramik Gegenstände von Hand bemalt werden, Wer mit offenen Augen durch die Stadt spaziert, sieht an jeder Ecke versteckte Keramik, Laternen Füsse, Hausnummern, Zifferblatt der Kirchen, usw.

Die auffälligsten Ausstellungsstücke sind wohl die Keramik Blumentöpfe in Form von Menschenköpfen. Dargestellt werden jeweils eine schöne Frau und ein Moor. Eine makabre Geschichte liegt dahinter. Ein junger Mann sah eine schöne junge Frau auf ihrem Balkon während sie die Blumen goss. Er verliebte sich sofort in sie, sie auch in ihn ohne zu wissen, dass dieser dunkle junge Mann bereits Frau und Kinder besass. Also entschied sie, ihn zu köpfen bevor er weiterzog. Seinen Kopf behielt sie für immer auf ihrem Balkon, ausgestellt, damit ihn jeder sehen konnte. Nur auf diese Weise konnte er für immer bei ihr bleiben! Etwas makaber, aber trotzdem die Blumentopf-Köpfe sind wunderschöne und einzigartige Kunsthandwerke. Wir haben gelesen, dass junge Männer ihren Angebeteten einen solchen Topf schenken, als Zeichen ihrer bedingungslosen Hingabe und Treue. Wer weiss, vielleicht auch um ihren eigenen Kopf zu retten.

Eine weitere Attraktion in Caltagirone ist die Scalinata di Santa Maria del Monte, die mit Majolika-Kacheln verkleidete Freitreppe, mit 142 Stufen, welche auch als Treppe zum Himmel bezeichnet wird. Und wenn man schon nicht im Himmel landet, dann doch vor einer wunderschönen Barockkirche mit schöner Aussicht über die Stadt.

Auf der Rückfahrt nach Marina di Ragusa legen wir nochmal einen Kulturhalt ein. Wir besichtigen das schöne Schloss Donnafugata das im 14 Jh. erbaut wurde. Für den Namen Donnafugata (übersetzt: Frau auf der Flucht) gibt es die passende Legende dazu. Die Enkelin des Schlossherren, soll um 1900 gemeinsam mit ihrem Liebhaber bei Nacht und Nebel aus dem Palast geflüchtet sein und somit ist dieser Name entstanden.

Der Palast mit quadratischem Grundriss ist von Zinnen bekrönt und hat eine venezianische Hauptfassade mit einer gotischen Loggia. Er verfügt über 122 Zimmer auf einer Wohnfläche von 2500 m². Zu den besonders sehenswerten Räumen zählen die große Bibliothek, der Wappensalon, ein Spiegelsaal, ein Billardsalon, ein Bischofszimmer mit wertvollen Intarsien Möbeln, das Rauch- und das Musikzimmer, der Frauensaal, sowie mehrere Kapellen und Theaterräume. Viele Einrichtungs-genstände sind sehr gut erhalten und wir bekamen einen guten Einblick in das damalige Leben. In den etwa 8 Hektar großen Parkanlagen befinden sich neben zahlreichen Pavillons und künstlich angelegten Grotten auch ein Irrgarten, dessen Wegemuster eine fast exakte Kopie des Irrgartens in Hampton Court Palace ist. Als wir bei fast frühlingshaften Temperaturen durch den Irrgarten irrten, hatten wir wirklich Mühe den Ausgang wieder zu finden.

Müde kulturgesättigt aber rundum zufrieden nach unserer Sizilien Rundreise kehrten wir zurück nach Marina di Ragusa zu unserer Prüveda.

März 2017

Der Monat März geht schnell vorbei, das Wetter verbessert sich zunehmend und wir sind beschäftigt mit Vorbereitungsarbeiten bei uns und bei anderen Booten. Zwischendurch gibt es Auflockerungen zum Beispiel wird eine Grillparty organisiert, jeder bringt etwas dazu mit oder man trifft sich zu einem musikalischen Nachmittag mit Gitarren und Gesang. Immer mal wieder hat jemand Geburtstag und auch das muss gefeiert werden. Wir laden ein oder sind eingeladen, Tipps, Tricks, Erfahrungen und Pläne für die Neue Segelsaison werden ausgetauscht.

Fast jeden Sonntag sitzen die Einheimisch Sportfischer am Hafenbeckenrand und fischen um die Wette. Wie die Hühner auf der Stange sitzen sie da und halten ihrer sündhaft teuren Angelausrüstung für Stunden ins Hafenbecken. Wir sind beruhig als wir erfahren, dass diese Fische nicht gegessen werden. Sie werden nur gewogen und gemessen. Gewonnen hat derjenige der den grössten, dicksten Fisch rausholt und diese werden dann auch wieder ins Hafenbecken freigelassen. Wo sie sich weiterhin mit den entsprechenden Ausscheidungen und Abfällen ernähren, und für den nächsten Fischwettbewerb dick und gross werden können, guten Appetit.

Der Frühling kommt spürbar näher und die Sonnenstunden nehmen zu. Schon bald kann es wieder losgehen und wir freuen uns auf die neue Segelsaison. Doch Ende März reisen wir noch für kurze Zeit in die Schweiz.

Reisebericht 82 (PDF)