83. Bericht April / Mai 2017

Mitte April sind wir von unserem Schweizeraufenthalt zurück in Marina di Ragusa. Wir haben gerade noch das angenehme Frühlingswetter erlebt, bevor es in der Schweiz wieder winterlich kalt wurde. Das Wetter in Sizilien hat sich merklich verbessert, obwohl der Wind und die Nächte auch noch recht kühl sind. Wir wollen so schnell als möglich die letzten Arbeiten erledigen, alles klar machen und dann endlich wieder losziehen in die neue Segelsaison.   

Aufgelaufen

Am zweiten Tag nach unserer Ankunft läuft ein Spektakel vor der Hafeneinfahrt ab welches viele Segler der Marina schockiert verfolgen. Eine grosse Aluminium Yacht mit einem Tiefgang von 2.5 Meter ist in der Einfahrt zum Hafen aufgelaufen. Die Crew scheint nicht sehr geübt zu sein, sie lassen ihr Boot treiben, der Motor hat versagt und niemandem an Bord kam es in den Sinn den Anker fallen zu lassen. Die Yacht treibt auf das Riff los, welches neben der Hafeneinfahrt vor dem Strand liegt und die grossen Wellen die von Südost anrollen, setzen die Yacht schlussendlich auf steinigen Grund. Das halbe Dorf steht schon an der Hafenmole, draussen kurven die Boote der Küstenwache hin und her. Wir verstehen alle nicht, weshalb die Männer in ihren schicken Uniformen und mit ihren starken Booten nicht zur Hilfe eilen. Die Einheimischen erklären uns, dass die Küstenwache erst eingreift, wenn Leben auf dem Spiel steht, sie haben keinen Auftrag Boote zu retten. Die kleinen Boote der Lebensretter sind unterwegs um zu vermitteln und ein grosses, starkes Fischerboot wird eingesetzt. Dann wird eine Schleppleine zwischen Fischerboot und Yacht gespannt und es wird versucht die Yacht vom Riff zu ziehen, oder diese wenigstens mit dem Bug in der Welle zu halten. Das ganze Szenarium zieht sich über 4 Stunden hin.

Die Yacht liegt auf dem Kiel wird von einer Seite zur anderen geschoben und gezerrt, trotz der Hilfe des Segels und durch Zug des Fischerbootes misslingen alle Versuche die Yacht wegzuziehen. Vom Land aus sehen wir, dass in der Zwischenzeit das Ruder abgebrochen ist und es sieht so aus, als wären schon zwei Löcher im Rumpf.

Die meisten Beobachter und bestimmt auch die Crew der Yacht glauben nicht mehr an eine Rettung ihres Schiffes.  Doch da plötzlich bewegt sich die Yacht doch noch und das Fischerboot kann die Yacht ins tiefere Wasser und anschliessend in den Hafen ziehen. Die zunehmende Flut, auch wenn es hier nur ca. 20 cm sind, scheint ebenfalls zur Rettung beigetragen zu haben. Der Schaden ist enorm, Ruder abgebrochen und zwei Löcher im Rumpf welche jedoch genau im Wassertank waren, deshalb ist die Yacht nicht vollgelaufen und gesunken, nur die Wassertanks haben sich mit Salzwasser gefüllt. Glück im Unglück.

Abfahrt aufgeschoben

Es wird Zeit die Arbeiten die wir noch zu erledigen haben an unserer Prüveda in den Griff zu kriegen. Wir haben kurz vor unserer Abreise in die Schweiz festgestellt, dass etwas mit unserem Motor nicht stimmt. Jetzt versuchen wir die Ursache zu finden. Der Motor startet nur mit viel Mühe und mit viel Gas, dann läuft er nur sehr hochtourig, nehmen wir das Gas zurück, stirbt er sofort ab. Wenn er läuft, qualmt stinkend blauer Rauch aus dem Auspuff, da stimmt etwas nicht. Zuerst denken wir an verschmutzten Diesel oder Filter. Wolfgang reinigt alles und wechselt alle Filter und die Dieselleitungen, aber nichts hilft. Um das Problem in den Griff zu kriegen hat er selbst alles probiert was er konnte, doch der Schaden scheint tiefer zu liegen und es muss ein Mechaniker her. Bis wir endlich mit einem entsprechenden Fachmann Kontakt aufnehmen konnten, verging wertvolle Zeit. Der Mechaniker Giuseppe hat als erstes die Einspritzdüsen ausgebaut diese getestet und durch vier neue ersetzt, da angeblich die alten nicht mehr in Ordnung waren. Giuseppe war der Überzeugung, dass danach der Motor wieder rund läuft. Leider hat dies nichts geholfen, die Symptome waren noch dieselben. Nach diesem ersten Reparaturversuch war wieder Feiertag hier in Italien, warten war angesagt. Unser Wintervertrag der Marina lief Ende April ab und das Wetter wäre perfekt gewesen, um loszulegen, das ärgert uns schon etwas. Da hatten wir so viel Zeit im Winter, haben an vielen anderen Booten Hilfe geleistet und nun, wo wir gerne los ziehen wollen, stehen wir selbst vor einem schwierigen Problem. Anderseits müssen wir froh sein, haben wir diesen Schaden noch hier im Hafen entdeckt, wo wir gut aufgehoben sind und fachmännische Hilfe finden können. Giuseppe ist sehr bemüht und will uns schnellstmöglich helfen. Gut haben wir im Winter etwas Italienisch gelernt, damit wir uns einigermassen mit Giuseppe verständigen können. Er spricht kaum ein Wort Englisch, doch von Motoren scheint er eine Menge zu verstehen und das ist jetzt wichtiger. Er möchte nicht mehr lange probieren und meint, der Motor muss raus und in die Werkstatt, das wäre am besten. Dafür müssten wir jedoch zur Werft geschleppt werden, doch das verlängerte Wochenende mit dem 1. Mai liegt jetzt vor uns. Wieder verstreichen 3 wertvolle Tage an denen wir wenigstes alles vorbereiten konnten, um den Motor aus dem Motorenraum zu heben. Wolfgang hängt alle Leitungen und Verbindungen vom Motor ab. Ursula nutzt die Zeit, um die letzten Einkäufe zu tätigen, die Bilgen zu füllen und alles zu verstauen. Am Dienstag 2. Mai wurden wir wie versprochen am Morgen von den Marineros zur Werft geschleppt. Der Motor wird mit Hilfe eines Hubstaplers rausgehoben. Der Zugang zu unserem Motorenraum ist sehr gut, jedoch ist das Steuerhausdach etwas im Weg. Gut hat Wolfgang alles gut abgedeckt und mit Brettern geschützt. Giuseppe ist mit seinem grossen PW gekommen, er hat seine nette Frau Johanna mitgebracht, sie spricht etwas englisch und so können wir den weiteren Vorgang besser besprechen. Unser Motor wird auf ein Palet gepackt und in den Kofferraum verladen, als wäre es ein handliches Gepäckstück, Motorentransport auf Sizilianische Art. Giuseppe und Johanna laden uns ein zu ihnen in die Werkstatt zu kommen, damit wir sehen können, was sie mit unserem Motor machen und ausserdem sollten wir ihre Werkstatt besichtigen. Sie haben uns stolz Fotos von riesigen Schiffsmotoren gezeigt, die ebenfalls bei ihnen repariert oder zusammengesetzt wurden. Doch die Busverbindungen nach Vittoria sind leider nicht sehr gut und wir möchten den nächsten Tag nutzen, um die Motorenbilge und den Abwassertank der sonst unter dem Motor liegt zu reinigen und alles zu kontrollieren, jetzt wo wir endlich mal gut dazu kommen. Es war gut, haben wir den guten Zugang und die Zeit genutzt, es gab einiges zu ersetzen und zu reinigen.

Der Fehler wurde gefunden, das Zusammenspiel von Kurbelwelle und Nockenwelle war verstellt, die Kolben haben die Ventile „berührt“. Entgegen den Meinungen verschiedener Stegexperten;  den Motor in die Werkstatt zu bringen war auf jeden Fall die richtige Entscheidung und Giuseppe und seine Crew haben ihre Arbeit im Griff. Am Freitag 5. Mai kam Giuseppe mit unserem Motor zurück und wurde gleich wieder in den Bauch von Prüveda gehievt. Das Einsetzen des Motors ging reibungsloser als das Herausnehmen. Danach war Wolfgang erstmal wieder für 3 Stunden im Motorenraum eingesperrt, hat alles wieder angeschlossen und dann konnten wir den Motor starten und mit eigener Kraft von der Werft zum Ponton fahren.  Die Mechaniker (der Auswärtige und der Leibeigene) haben gute Arbeit geleistet, das Motörli läuft wie eine eins, springt an wie nichts, läuft rund und raucht und stinkt nicht mehr. 

Aufbruch von Marina di Ragusa bis Taormina  

Am Samstag waren wir dann nochmal beschäftigt alles Werkzeug, Wintermaterial, Näharbeiten usw. zu verstauen. Wir staunen immer wieder was so ein Boot alles schluckt. Unglaublich aber zum Schluss waren all unsere Tischflächen leergeräumt, die Bilgen gefüllt und wir bereit zum Aufbruch. Am Sonntag 7. Mai haben wir den guten Westwind gepackt und sind um 8:30 aus Marina di Ragusa ausgelaufen mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Abschiednehmen tut auch immer etwas weh, auch wenn wir uns auf eine neue Segel Saison sehr freuen. Ein paar liebe Freunde kamen extra zum Ponton zum Winken, was den Abschied nicht leichter machte.

Es scheint als wären wir gerade noch rechtzeitig los gekommen vor dem schlechten Wetter. Am Sonntag konnten wir 26 Sm bis nach Portopalo segeln, zwar sind wir etwas gerollt aber sonst alles wunderbar. Am Montag war es recht ruhig, dann etwas Nordostwind, so war bis Syrakus motorsegeln angesagt. Das war jedoch gut, so konnten wir unseren reparierten Motor endlich richtig testen. In Syrakus sind wir einen Tag geblieben und haben uns mit feinen Sachen vom Markt eingedeckt. Dort haben wir auch SY SERENITY mit Annie und Dave wieder getroffen, wir haben über Winter am selben Steg gelegen. Es gab ein herzliches Wiedersehen, mit Grillabend auf der  SERENITY. Gemeinsam  sind wir am Mittwoch bei strahlendem Sonnenschein weiter gezogen. Das war der perfekte Segeltag, wunderbar halbwind wieder 20 Sm gesegelt bis nach Brucoli. Prüveda liebt den Wind halbschräg von hinten und wir rauschten mit 4-5 manchmal auch 6 Knoten durchs Wasser und…wir überholten SERENITY eine Bavaria 37, das erfüllte uns schon etwas mit Stolz. 

Wir segeln bis in die Bucht von Brucoli wo wir für diese Nacht guten Schutz finden. Der nächste Tag beginnt leider stark bewölkt mit einem schmutzigen Sahararegen. Gemeinsam unternehmen wir einen Landgang durch den netten Ort, wo wir beim Bäcker und Metzger einkaufen gehen. Der Rundgang führt uns  vorbei an der Flusseinfahrt, wo zuhinterst ein Hafen mit einfachen Holzstegen liegt. Doch die Zufahrt bis dahin ist mit verschiedenen Untiefen nicht ganz einfach zu erreichen. 

Da bleiben wir lieber in der grosszügigen Bucht. Am Abend dürfen wir bei Annie und Dave unsere Köstlichkeiten, die wir beim Metzger erstanden haben zum Grillen bringen, dazu  wird Salat und Wein serviert. Dave und Wolfgang verwöhnen uns anschliessend mit schöner Gitarrenmusik und Gesang.

Dann ging es mit Motor weiter, etwas höher als Catania nach Aci Trezza, nicht zu empfehlen bei Nordostwind, grässlicher Schwell, die ganze Nacht ruckten und knarrten die Leinen. Nichts hätte uns hier eine Nacht länger gehalten, ach wie schön ist es doch am Anker. 

Dann folgte ein sehr unangenehmer Trip bis in die Bucht von Taormina, grosse Wellen von Ost und Wind und Strom auf die Nase. Prüveda  kämpft sich motorsegelnd durch Wellenberge, Wind und Strom. Eigentlich vermeiden wir es gegen den Wind zu fahren, zurück nach Catania oder Aci Trezza war aber auch keine Option. Wir erlebten mal wieder wie weit 16 Sm sein können, wenn wir und Prüveda gegen die Natur kämpfen müssen. Wir sind nicht allein, auch die Serenity stampft in der aufgewühlten See gegen an, und schneller sind sie auch nicht, trotz der besseren Amwind Segeleigenschaften. Nach einer gefühlten Ewigkeit fällt im Nordteil der Bucht von Taormina der Anker. Dort gibt es zwar ausreichend Schutz vom Wind, aber die grossen bis zu 2 m hohen runden Wellen rollten weiterhin ungehindert in die Bucht und so ging es die ganze Nacht weiter hin und her  auf und ab. Am nächsten Morgen hat sich das Meer etwas beruhigt und wir gehen zusammen mit Dave, Annie und ihrem Gast David mit dem Dingi an Land. Wolfgang hat sich entschlossen den Fussweg nach Taormina zu besteigen. Wir anderen nehmen den kleinen Bus um bequem in die Stadt zu kommen. Es tut uns allen gut auf festem Grund durch die hübschen Gassen von Taormina zu spazieren, jetzt wieder bei strahlend schönem Wetter. Bei einem Glace im Kaffee mit Aussicht sind die Strapazen des vergangen Tages schon  wieder vergessen. 

Da uns Wolfgang informiert hat, dass der Fussweg ausser an ein paar schmalen und steilen Stellen recht gut zu begehen ist, beschliessen wir, gemeinsam zurück zu wandern. David der Gast von Annie und Dave ist nicht wirklich ein geübter Bergwanderer, doch er will trotzdem mit uns kommen. Sehr unsicher und manchmal fast auf allen Vieren rutscht und tastet er sich sehr langsam voran. Um ihm etwas mehr Sicherheit zu geben, packt Wolfgang ihn hinten am Hosenbund und so geht es etwas flotter voran. Die entsprechenden lustigen Sprüche blieben natürlich nicht aus, doch wir sind alle unbeschadet unten angekommen.

Es ist uns schon in der Stadt aufgefallen, dass enorm viel Polizei und Militär  unterwegs sind, wir denken uns, wird wohl ein Prominenter zu Besuch kommen. Wir erfahren dann, dass am 27. Mai hier der G7 Gipfel unteranderem mit diversen nicht allseits geliebten Staatsoberhäuptern stattfindet und deshalb wird die Stadt schon 2 Wochen vorher wie eine Hochburg mit Polizei, Militär, Hubschrauber, Kriegsschiffen überwacht. Wir haben wohl den sichersten Ankerplatz unserer ganzen Karriere erlebt. Da der Wind aber immer noch aus Nord bläst verschieben wir unsere Abfahrt noch etwas.  Wir nutzen die Zeit gehen nochmal an Land einkaufen. Auf dem Weg nach Giardini Naxos lohnt es sich einen Blick in das Bahnhofsgebäude zu werfen.

Wolfgang hat sich vorgenommen den Wassermacher wieder in Gang zu setzen. Er setzt die neue erworbene Membrane nach genauer Anleitung ein und schliesst alle Leitungen wieder an. Gespannt schalten wir den Wassermacher an, aber leider ist das Endstück der Membrane nicht dicht. Da muss der Chefmech nochmal hinters Werk.

Durch die Strasse von Messina ins Thyrrenische Meer 

4 Tage warteten wir darauf, dass der Nordwind abnimmt, dazu haben wir die Tidenströme berechnet oder besser gesagt mittels Computerprogramm berechnen lassen. Am Donnerstag 18. Mai, soll der Wind sogar auf Süd drehen und wenn wir früh starten, könnten wir ohne Zwischenstopp in einem Tag durch die die berühmt berüchtigte Strasse von Messina kommen. Dave und Annie sind auf dieselben Resultate gekommen und so ziehen wir früh am Morgen um 5:30 Uhr  los.

Anfänglich geht’s gut voran, doch der Südwind hält sich nicht an die Abmachung oder er hat seinen Namen gewechselt: Nordwind den ganzen Tag…Trotzdem erreichen wir zur vorberechneter Stunde Messina und lassen das Nadelöhr gegen 14 Uhr hinter uns, von Südwind immer noch keine Spur. 

Etwas weiter an der Kalabrischen Küste liegt Scilla, wo wir unsere erste Nacht im Tyrrhenischen Meer am Anker vor einem schönen Strand verbringen. Rund um uns kreisen die Schwertfang Fischerboote mit ihren unverkennbaren Masten, wo der Kapitän in luftiger Höhe das Boot steuert. Ein langer Gittermast, der länger ist als das Boot selbst, ragt vom Bug weit ins Meer und soll dem Harpunierer dienen. Mit dieser Methode werden angeblich schlafende Schwertfische die sich knapp unter der Wasseroberfläche befinden, aufgestöbert. Der Fang bleibt heute ohne Erfolg, was uns zu Gunsten der Fische freut. 

Zu den Äolischen Inseln

Von Dave und Annie verabschieden wir uns am nächsten Tag und überqueren die Schifffahrtsstrasse von Messina, um dann westlich zu den Äolischen Inseln zu segeln. Nun ist der Südwind da, wir segeln mit gutem Speed zwischen einem Container Frachter und dem nicht ganz kleinen Kreuzfahrtschiff hindurch, morgens um sechs herrscht hier Verkehr wie in der Rushhour. 

An der Nordküste von Sizilien geht’s weiter ohne Schiffe und wir erreichen bei ruhigem Wetter Lipari. Vorausgesagter Westwind und der immer noch nicht funktionierende Wassermacher veranlassen uns an einem Steg zu parkieren. Vor gut 19 Jahren waren wir das erste Mal hier, mit einem Charterschiff, unser einziger und letzter Chartertörn! Damals gab es noch keine Stege wie wir sie jetzt vorfinden und wir hatten sehr viel Pech mit dem gemieteten Boot ; Blitzeinschlag am Stromboli, defekte Funkanlage und Alternator, verlorener Anker, kaputtes Gaskabel, ein unerfahrener Skipper und „Freunde“ die wir nicht kannten. Der Törn war alles andere als erfreulich.

Lipari

ipari gefällt uns gut, wir gönnen uns am selben Abend einen Aperol Spritz in der Altstadt. Wir besuchen die kleine Kirche am alten Fischerhafen. Im Inneren finden wir zur Abwechslung mal etwas anderes vor, als eine prunkvolle Kirchenausstattung  mit Altar und Heiligen Bilder. Hier wird das Leben vom vergangen Lipari in Miniatur dargestellt. 

Tags drauf funktioniert unser Wassermacher im glasklaren Wasser, offensichtlich war etwas zu viel Silikon an den O-Ringen, sodass sich die Endkappe immer wieder vom O-Ring entfernte und nicht dichtete. Wir liegen an einem langen T-Steg und mit dem zwar ablandigen aber auffrischenden Westwind fängt das Geschaukel und das Reissen an den Leinen wieder an. Die Fähren und Tragflächen Schiffe welche immer Vollspeed den Hafen anlaufen, tragen auch nicht zu einer ruhigeren See bei. 

Höchste Zeit für einen Spaziergang. Ursula hat die geeignete Samstagnachmittagstour herausgesucht. Wir nehmen den Bus bis zum nordwestliche Örtchen Quattropani, von dort wandern wir zur Santuario Kirche wo gerade eine Hochzeit stattfindet. Die Aussicht ist grandios, gegenüber liegt die Insel Salina im Hintergrund Filicudi und Alicudi,  weiter nördlich liegt der Vulkan Stromboli, schon in der Antike das Leuchtfeuer des Mittelmeers genannt.

Ursula entdeckt auf dem Rückweg eine Holztafel die zum nächsten Ort Aquacalda führt, Oh ein Wanderweg oder sogar eine Abkürzung wie es Wolfgang liebt. Schon ist er im Dickicht verschwunden und sucht den Weg. Es geht immer bergab auf einem richtigen Trampelpfad aber umkehren würde bedeuten, den Berg wieder hochgehen. Also marschieren wir munter weiter, denn die Büsche sind ja erst kürzlich geschnitten worden. Je weiter wir kommen desto enger und holpriger wird der Pfad, teilweise stehen wir in mannshohen Dornenbüschen, es piekst uns überall. Ein Pullover wäre jetzt genau das Richtige, doch der liegt zuhause im Schrank. Wir haben das Lied angestimmt: Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg ist steinig und schwer.

Trotz allen Hindernissen kamen wir noch rechtzeitig im Dorf Aquacalda an, damit wir  den letzten Bus zurück nach Lipari erwischten. Wir freuten uns auf eine verdiente ruhige Nacht am Steg, doch es  war alles andere als ruhig. Der Wind hat zugelegt und leider auch mehr auf Nord gedreht, somit gab es einen unangenehmen Schwell am Steg. Zudem wird der Steg nun richtig voll mit etwa 10 Charteryachten, die uns alle einklemmen. Die ganze Nacht quietschten die armen Fender, als rufen sie um Hilfe und Prüveda fährt  in die Leinen und es rupft unbarmherzig an unseren Pollern und am Steg. Es hat uns gewundert, sind wir nicht allesamt mit dem Steg über Nacht davon gedriftet. Am nächsten Morgen bestätigte sich unser Verdacht, wir haben mindestens einmal mit dem Bug am Steg angeschlagen. Uns hält nichts mehr hier, so gut uns Lipari auch gefallen hat. Doch bevor wir ablegen holt Wolfgang noch die Farbe hervor, um unseren Farbschaden zu reparieren.  

Vulcano

Das Wetter hat sich wieder beruhigt und so können wir gemütlich hinübersegeln zur Nachbarinsel Vulcano in die Bucht Porto di Levante. Wir ankern im Sulfurbecken etwas von uns entfernt blubbert  heisses Wasser vom Vulkan an die Wasseroberfläche. 

Beim ankern entdecken wir einen grossen Mooringblock mit dementsprechend dicker Trosse, die wir uns sofort angeln. Flugs ist der Anker wieder oben und wir hängen an der Trosse. Ursula späht die Wassertiefen in der Bucht aus und weiss auch, dass es etwas weiter neben uns sehr schnell sehr untief wird. Eigentlich sind die Steine im klaren Wasser gut zu erkennen, doch innerhalb ein paar Stunden rasseln 3 Yachten  auf die Felsbänke. Eine Yacht mit 8 Personen erwischt es am schlimmsten, ein Fischer mit seinem Boot hilft das Schiff wieder in tiefere Gewässer zu ziehen. Keinem an Bord wäre es eingefallen beim Anfahren des Ankerplatzes am Bug zu stehen und ins klare Wasser zu schauen. Selbst als sie schon auf der Untiefe sitzen bemüht sich keiner mit einer Taucherbrille ins Wasser; man wartet lieber auf Hilfe. Manchmal sind die modernen elektronischen Hilfsmittel nicht unbedingt eine Hilfe, sie mögen uns verführen, nicht mehr mit gesundem Menschenverstand zu handeln.

Am nächsten Tag stehen wir früh auf, um den 391m hohen Vulcan zu besteigen. Als wir mit dem Dingi an Land kommen riecht es schon schrecklich nach faulen Eiern. Wir entdecken sogleich woher dieser grässliche Geruch kommt. Wir sehen eine Milchkaffeebraue, grosse Pfütze wo sich Menschen darin suhlen. Diese Schwefelhaltige Brühe wird wegen seiner therapeutischen Qualitäten gepriesen. Wir verzichten gerne auf diesen gesunden Schlamm und spazieren lieber weiter Richtung Vulkan. 

Gutbeschildert finden wir den sandigen, geröllreichen Weg nach oben. Die Aussicht zwischen dem blühenden gelben Ginster wird immer spektakulärer je höher wir steigen. Zuoberst am Kraterrand angelangt, gibt es erstmal eine Pause, danach geht es noch ein Stück höher um den Kraterrand herum bis zum obersten Gipfel. Wir werden mit einer Aussicht rundherum auf alle Äolischen Inseln belohnt.

Nach dem Abstieg entspannen wir unsere müden Muskeln in einem angenehmen vom Vulcan temperierten Meeresbad. Es macht Spass sich in der Nähe des blubbernden warmen Meerwasser treiben zu lassen. Stellt man die Füsse jedoch zu lange in der Nähe der heissen Quelle ab, so werden die Fusssohlen zu heiss und der Indianertanz kann beginnen.   Am nächsten Tag umrunden wir nur die Nordspitze der Insel Vulcano. Es geht vorbei an den schönen, freistehenden Felsen, die schon fast an die Halong Bay in Vietnam erinnert. 

Der Anker fällt  in der Westbucht. Am Nachmittag kommen zwei Katamarane um die Ecke, die kennen wir von Marina di Ragusa. Wir begrüssen Walanthea mit Debbie und Campbel und Ki mit Lorraine und Brian. Am Abend werden wir herzlich eingeladen zu einem Drink bei Debbie und Campbel und wir haben einen unterhaltsamen Abend. Am nächsten Tag  verabschieden wir uns und segeln Richtung Insel Salina, während die anderen noch nach Lipari segeln wollen.   

Salina

Die Insel Salina ist sehr grün dank ihrer zahlreichen Süsswasserquellen. Auf dieser Insel ragt auch der höchste Berg der Äolischen Inseln der Monte Fossa delle Felci mit 962 m in die Höhe. Leider ist die ganze Insel rundum recht steil abfallend, sodass es kaum gute Plätze zum ankern gibt. Wir ankern vor dem Hafen beim Hauptort Santa Marina Salina. Dort finden wir einigermassen Schutz vor dem Nord bis Nordost Wind der morgen kommen soll. Unser nächstes Ziel die Insel Panarea  liegt genauso, dass wir gegen den Wind kämpfen müssten, da bleiben wir nochmal eine Nacht. Am Abend schlendern wir durch den kleinen Ort, der mehr oder weniger nur aus einer Hauptgasse besteht, welche Autofrei ist und die Touristen mit hübschen Boutiquen verführt. Eine Werbetafel macht uns darauf aufmerksam, dass hier auf der Insel Salina 1994 der bekannte Film, Il Postino gedreht wurde. Der verschlafene Ort Pollara liegt jedoch ganz auf der nordwestlichen Seite der Insel, dramatisch eingekeilt zwischen erloschenem Vulkan und dem Meer. Am Freitag nach Auffahrt findet eine Regatta vor dem Hafen statt, jetzt ist uns auch klar, weshalb die Marina sehr gut gefüllt war. Leider brausen den ganzen Tag unzählige Schnellfähren und andere Fähren in und aus den Hafen, damit wir pausenlos im Schwell stehen.  

Panarea  

Die kleine Insel Panarea liegt gute 10 sm entfernt, wir segeln etwas, doch ohne Motor geht es nicht lange, der Wind verabschiedet sich schon wieder. Am Nachmittag laufen wir die hübsche Bucht Zimmari auf der Südost Seite von Panarea an. Wir haben in unserem Reiseführer gelesen, dass Panarea ein beliebter Platz für die Schönen und Reichen ist. Wir sind weder das eine noch das andere, dürfen hier trotzdem vor Anker gehen und uns das schöne Eiland ansehen. Ein enger Betonweg führt in den Hauptort San Pietro, vorbei an gepflegten kleinen Villen mit prächtigen Blumengärten. Alles ist sehr sauber, ruhig und ordentlich, die einzigen Fahrzeuge die überhaupt durch diese engen Wege und Gassen passen, sind Elektro Golfmobile oder die typisch italienischen APE’s extra schmale Kleintransporter. Der Spaziergang der Küste entlang dauert 20 Minuten und dann sind wir schon in San Pietro, wo auch die Fähren ankommen. Der Ort ist klein, aber es fehlt an nichts und die Preise in Restaurants und Läden verraten, dass hier wirklich High Society verkehrt. Eines Abends bleiben wir  bis es dunkel wird im Ort, essen einen Antipasto Teller im Imbiss Restaurant alla Nonna und beobachten den gut 20 km entfernten Stromboli von hier aus. Tatsächlich sehen wir das Naturfeuerwerk des grossen, schwarzen Berges, das ca. alle 15 Minuten den Nachthimmel eindrucksvoll erleuchtet. 

Eine interessante Ausgrabungsstätte finden wir am nächsten Tag auf dem Capo Milazzese. Dort kann man ein sogenanntes Rundhüttendorf aus dem Jahre 1500 v. Ch. entdecken. Viel ist nicht mehr übrig, nur noch einige Grundmauern, die Lage ist jedoch spektakulär und die Aussicht einmalig. Beim Rückweg zu unserem Ankerplatz kommen wir vorbei an einem Abzweiger, welcher vermuten lässt, dass dieser Weg bis zum höchsten Gipfel der Insel führt. Eine Verlockung der wir mal wieder nicht widerstehen können und wir marschieren los durch Gräser und Wildblumen Landschaft. Die Aussicht wird immer gewaltiger, dafür der Weg holpriger, schmaler und als wir schon fast über die Steine klettern müssen, siegt die Vernunft  und wir   kehren um.

Hoch oben über den letzten Häusern haben wir auf Mauern hunderte von Kakteen in Töpfen aufgereiht gesichtet. Ursula ist neugierig und möchte diese Kakteen Sammlung aus der Nähe erkunden. So erklimmen wir die Anhöhe über Treppen und Wege bis wir oben sind und sind erstaunt, dass wir bis zu den Kaktus gekrönten Mauern gelangen. Zuoberst sind ganze Flächen voller Kakteen gefüllt, es sieht so aus. als wäre diese eine Zucht von Schwiegermutter-Sitz Kakteen, wie wir diese Art  nennen. Nicht nur die Vielzahl von diesen Stachelpflanzen sind hier einmalig auch die Aussicht lässt keinen Wunsch offen. Als wir wieder hinab steigen grüssen wir einen alten Herrn der auf der Terrasse steht. Er fragt ob uns die Kakteen gefallen, natürlich bestätigen wir, dass wir von dieser Ausstellung begeistert sind und fragen zurück, ob dies seine Plantage sei und ob er diese Kakteen verkaufe. Stolz erzählt er uns, dass er all diese Kakteen angepflanzt hat aber nicht zum Verkaufen, einfach so weil sie im gefallen und weil es seine grosse Liebe sei. So hat jeder seine Hobbys und Vorlieben.

Stromboli  

Der Stromboli ist noch immer aktiv und wird deshalb von einem nicht enden wollenden Touristenstrom umschwirrt wie die Motten um das Licht. Der Vulcan darf seit 2005 nur noch mit Führer bestiegen werden und es ist alles andere als ein gemütlicher Spaziergang. Organisierte Touren werden angeboten, sie starten jeweils am späten Nachmittag und sind so organisiert, dass die Besucher nach ca. 3 stündigem, sehr anstrengendem Aufstieg bei Sonnenuntergang oben sind. Dort können sie eine halbe Stunde lang das Feuerwerk des Kraters ansehen und dann geht es im Dunkeln wieder bergab. Die ganze Tour dauert insgesamt gute 6 Stunden. Leider gibt es rund um den Stromboli keine guten Ankerplätze, wo wir Prüveda sicher liegenlassen können. Ausserdem haben wir irgendwie gar keine Lust in einer Kolonne wie eine Herde Ziegen den Berg zu erklimmen, nur damit wir dies wie tausend andere auch gemacht haben. Wir entscheiden uns deshalb früh um 4 Uhr morgens auf zu stehen und unseren Ankerplatz in Panarea noch in Dunkelheit zu verlassen und in Richtung Stromboli zu fahren. Das grosse orange Leuchtfeuer des Strombolis weisst uns den Weg. Nach dem Naturfeuerwerk taucht die Sonne rot aus dem Meer und wir erleben einen wunderbaren Sonnenaufgang. Als wäre dies noch nicht genug kitschig, tauchen auch noch springende Delfine rund um uns auf. 

Der Wind hilft mit, doch wir müssen leider die ganze lange Strecke von 68 Sm von den Äolischen Inseln bis zur Westküste Italiens nach Cetraro motorsegeln. Nach 15 Stunden ruhiger Fahrt erreichen wir Cetraro, wo wir gut und ruhig vor dem Hafen ankern können. Wir geniessen den Sonnenuntergang, essen noch etwas und legen uns hundemüde schon um 21 Uhr in die Koje. 

Reisebericht 83 (PDF)